Ein neues Arbeitspapier von Cornelius Herstatt und Rajnish Tiwari setzt sich mit der Frage der wissenschaftlichen Einordnung des Begriffs “frugale Innovation” auseinander. Zielsetzung des vorliegenden Beitrags ist es, frugale Innovation einzuordnen und von anderen, verwandten Innovations-Konzepten (“Jugaad”, “Bottom of the Pyramid” und “Reverse Innovation”) abzugrenzen. Die Autoren schlagen einen Katalog von Bestimmungsfaktoren für frugale Innovation vor. Die Bestimmungsfaktoren werden anhand von Beispielen erläutert. Ferner gehen die Autoren auf ausgewählte betriebswirtschaftliche Instrumente (Wertanalyse, Target Costing, innovative Analogien) ein, die bei der Realisierung von frugaler Innovation genutzt werden können.
Details: Working Paper 88 (Institut für Technologie- und Innovationsmanagement der TU Hamburg-Harburg / PDF, ca. 640 KB)
Abstract
Neben der anscheinend hohen, praktischen Relevanz wird zur Zeit die Frage diskutiert, ob frugale Innovation ein eigenständiges, betriebswirtschaftliches Innovations-Konzept rechtfertigt, welches sich markant von anderen, bekannten Ansätzen bzw. einer generellen „Low cost“-Strategie eines Unternehmens unterscheiden lässt. Frugale Innovationen sind per se nicht „neu“, denkt man bspw. an der bereits seit Jahrzehnten anhaltenden Erfolg der schwedischen Möbelhauskette IKEA. Frugale Innovationsarbeit greift auch auf zahlreiche, bekannte Instrumente (z.B. Wertanalyse, Zielkostenanalyse, etc.) zurück. Neu ist allerdings die Vehemenz, mit der heute über frugale Innovation im Zusammenhang mit sehr unterschiedlichen Produkt- und Dienstleistungsinnovationen sowohl im Kontext der entwickelten Welt wie auch Entwicklungsländern im Sinne einer generellen Innovationsstrategie gesprochen wird. Dies lässt sich auf Veränderungen zurückführen, die einerseits mit dem Wachstum in Ländern wie Indien oder China und andererseits mit demographischen sowie einkommensbezogenen Entwicklungen in den USA oder Europa zusammenhängen und in beiden “Welten” Nachfrage an Produkten und Dienstleistungen auslösen, die „good enough“ und „affordable“ sind. Diese Veränderungen stellen Unternehmen zumindest in der entwickelten Welt vor große Herausforderungen, insbesondere wenn diese sich in ihrer bisherigen Strategie ausschließlich auf Premium-Segmente fokussiert haben und keine (technischen) Lösungen für mittlere oder untere („Bottom-of-the pyramid“) Marktsegmente anbieten können. Hinzukommen Werteveränderungen in der Gesellschaft, die dazu führen, dass Kunden Produkte mit weniger bzw. pointierter Funktionalität suchen, die lange halten, zeitlos im Design sind und im Sinne von „Circular Economy“ keine Probleme für Mensch und Umwelt auslösen.